Foto: Niki Romczyk Fotografie
Wir sind in den Rückzug gezwungen worden. Ein beängstigender Zustand der Ohnmacht und Machtlosigkeit und zeitgleich der Chance. Der Chance, in der Einsamkeit EINS zu werden – mit uns selbst und zugleich mit der Umwelt. Denn jetzt stellen wir fest: Wir sind alle verbunden, obwohl wir voneinander getrennt sind. Zusammen allein.
Jeden Abend im Bett und dann wieder am nächsten Morgen und gleichen Ort treffe ich für mich die Entscheidung, den Tag zu nutzen. Ich entscheide, die Krise nicht einfach auszusitzen und all das Negative über mich ergehen zu lassen. Ich entscheide, etwas Gutes (für mich und andere) zu erschaffen. Ich entscheide, nicht von Angst und Panik gesteuert zu sein. Ich entscheide, in der dunklen Zeit ein Licht zu sein. Für mich und für andere.
Und schon nach wenigen Tagen in der Isolation habe ich für mich Learnings gezogen, für die ich dankbar bin. Weil sie mir JETZT helfen, Zuversicht und Ruhe zu empfinden, und mir auch in der nächsten Krise helfen können, auch diese zu überstehen. Learnings, die nicht nur Theorien sind, sondern die nun meinen Alltag (mit-)gestalten und mir helfen, stark und positiv durch diese schwierige Zeit zu gehen.
3 Learnings aus der Corona-Isolation
- Ich mache nun täglich etwas, das ich nur für mich und aus purer Freude mache. Aktuell versuche ich eine Stunde pro Tag einzuplanen, in der ich mich nur mir widme und niemanden höre und sehe. Gestern war es Yoga, Montag war es ein Spaziergang, Sonntag war es ein Buch, Samstag Malen. Momentan ist die eingeplante Me Time besonders gut und gibt mir Kraft, immer weiter zu gehen. Ist der Morgen „stressig“, weiß ich: später kommt „meine Zeit“ und dann kann ich wieder voll auftanken und freu mich drauf.
Tipp: a) Schreib diese Me-Time morgens mit auf deine To Do Liste (bestimme die Priorität!) und b) kommuniziere dein Bedürfnis immer offen mit deinem Partner, sodass ihr gemeinsam schauen könnt, wann du dir das Zeitfenster blockieren kannst.Nein, das ist kein Egoismus, das ist Selbstliebe und von der profitiert auch dein Umfeld.
- In Zeiten der Unruhe, der Angst, der emotionalen Belastung jeglicher Art: Ansprüche runterfahren. An mich selbst und an andere. Krisen sind Extremsituationen und können im schlimmsten Fall zum Burnout führen. Deshalb schreibe ich aktuell morgens in mein Journal nicht, dass ich heute „richtig produktiv“ sein und „alle Mails“ abgearbeitet haben will, sondern lege den Fokus ausschließlich auf Gefühle, die ich fühlen will – zum Beispiel: „ich handle in Liebe und bringe Freude in meinen Tag und in den meiner drei Jungs“. Davon profitiere ich viel mehr und weil die Erwartungen an mein „fleißiges“ Ich dann nicht schon morgens so hoch sind, bau ich keine Druck- und Leistungssituation auf.
Die To Do Liste enthält natürlich trotzdem Aufgaben, die ich erledigen muss und möchte (ich bin schließlich weiterhin im Job und nicht nur für die Kids da), doch sind es deutlich weniger als üblich und was ich nicht erledigen kann, nehme ich ganz verständnisvoll mit in den nächsten tag. Das heißt, dass einige Projekte jetzt warten müssen – was ok ist, denn ich bin selbständig und steuere meinen Workload selbst.
Ich schreibe auf die Liste jetzt auch Dinge wie „Spazieren“, „Duschen“ oder „Mittagessen“, um 1. schöne Momente im Sinne der Achtsamkeit und des Genusses einzuplanen (Selfcare!) und 2. am Ende des Tages kein Gefühl von Misserfolg mit ins Bett zu nehmen.
Auch wichtig: ich bleibe mit meinen Augen bei mir und suche nicht nach „Fehlern“ bei den anderen, denn auch die haben ihre Baustellen und strugglen aktuell mehr denn je. Gegenseitiges Verständnis ist hier gefragt. Konflikte können können wir auflösen, indem wir weniger darauf schauen, was der andere macht, sondern viel mehr darauf schauen, was wir tun KÖNNEN, um ein angenehmer Zeitgenosse zu sein. Meine Erfahrung: Konzentrierst du dich auf DEIN Verhalten und versuchst ein Mensch zu sein, mit dem du selbst gern Zeit verbringen würdest, kommt es häufig gar nicht erst zu einem Zusammenprall mit der anderen Person. - Routinen. Klingt anstrengend, aber eigentlich entlastest du dein Hirn, wenn es sich nicht ständig anpassen muss und täglich mit gleichen / ähnlichen Abfolgen konfrontiert wird. Deswegen trägt Barack Obama immer nur ein Hemddesign, damit er sich nicht jeden Morgen entscheiden muss und seinen Fokus auf Wichtigeres legen kann. Deswegen bin ich ein großer Fan (schon seit ca. 2 Jahren und jetzt noch mehr) von Morgenroutinen (dazu gibt es auch eine Podcast Folge von mir – Nummer 33).
Auch unsere Tage haben aktuell wiederkehrende Programmpunkte, was aber nicht heißt, dass wir nicht tun, worauf wir Bock haben – im Gegenteil! Kinder sind ja keine Maschinen und ich plane Dinge, die Spaß machen, aber Routinen geben Kindern Sicherheit und Orientierung. Deswegen mache ich mir schon abends Gedanken über den Ablauf und plane auch viel Abwechslung ein, bringe jedoch du regelmäßige Aktivitäten bzw. Programmpunkte Stabilität in diese turbulente Zeit. Orientierungspunkte sind: Meine Morgenroutine (von 5-7 Uhr) – Frühstück mit den Kids gegen 8 Uhr – Gespräch / Morgenkreis (Singen, Tag besprechen, Wünsche äußern) – Je nach Bedarf und Wunsch ein Spaziergang, ein bestimmtes Spiel, gemeinsamer Sport – dann mach ich Mittagessen und die Kinder helfen mit – Mittagessen – Leo geht ins Bett – Lias spielt oder liest, während ich arbeite – Aktivität am Nachmittag – Abendessen gegen 18 Uhr – Bettroutine gegen 19 Uhr. Ich empfinde es als sehr hilfreich für alle, Wünsche zu kommunizieren und ihnen nachzugehen, dann über den Tagesplan zu reden, aktiv zu bleiben, mindestens einmal täglich für mindestens 1 Stunde rauszugehen und nicht zu vergessen, zwischendurch einfach mal PAUSE zu machen und durchzuatmen und sich immer wieder klar zu mache: ICH ROCK DAS DING!
Denn das tun wir. Wir alle – ob ohne Kinder oder mit ganz vielen – ob Single oder in einer anstrengenden Partnerschaft – im Home Office oder als Hausfrau. Wir alle sind gerade in einer ganz neuen und dramatischen Situation und können nicht beeinflussen, was da draußen in der Welt passiert. Aber wir können immer entscheiden, was in unserer inneren Welt passiert und wie wir unser Leben gestalten, das es auch in der Krise lebenswert bleibt.
Bleibt gesund und hoffnungsvoll und voller Liebe!
Eure Yavi