Stark durch Fehlgeburten (Gastbeitrag)

von mama moves

(Text von Anonym)

An einem Abend vor einer Woche bemerkte ich, dass ich mit meiner Periode überfällig war. Also habe ich am nächsten Morgen einen Schwangerschaftstest gemacht. Er war positiv. Erschöpfung, Müdigkeit, Kraftlosigkeit, Hilflosigkeit und vor allem Angst machte sich breit. Normalerweise freut sich jeder Mensch mit Kinderwunsch über einen positiven Test. Bei mir war die Freude gedämpft. Das hat Gründe und davon erzähle ich euch.

April 2017 – ein positiver Schwangerschaftstest. Wie toll! Mal wieder hat es nach dem ersten Versuch geklappt. So, wie auch bei unser heute 2,5 jährigen Tochter. Dann plötzlich 2 Wochen später traten die Blutungen ein. Fehlgeburt in der 6. SSW. Huch, was ist das denn! Wir haben 15 Kinder in unserer Familie und bisher gab es keine einzige Fehlgeburt. „Bei mir doch nicht“, dachte ich immer. „Das passiert nur den anderen.“  Denkste! Das hat mich aber schnell von meinem high der Freude runtergeholt. Natürlich liefen Tränen, aber ich hatte bis dahin noch keine enge Bindung zu dem Kind aufgebaut. Es war ein Zellhaufen, welcher sich nicht entwickelt hat. Nun gut, aufstehen und weitermachen.

Juni 2017 – erster Versuch und wieder schwanger. Wieder kam die Freude auf- prima, dann wird das jetzt was. Die Wochen vergingen. Ich war noch mit meiner Tochter und meiner Familie im Urlaub, mein Mann brachte unseren Umzug in ein anderes Land über die Bühne. Die Übelkeit und das Erbrechen kamen, ein bisschen freute ich mich, weil ich wusste, dass das die Anzeichen sind, dass das Kind lebt. Dann haben wir uns über die Wochen im Ausland einigermaßen gut eingelebt und die Übelkeit und das Erbrechen nahmen immer mehr zu. Hinzu kamen Durchfall und Migräneanfälle. Keine Sorge, es war nicht so schlimm, dass ich zu viel Flüssigkeit verlor. Darauf habe ich sehr geachtet. In der 13. SSW sind wir in unsere Heimat gefahren und die Symptome waren wie weggeblasen. Puh, Erleichterung, die ersten 3 Monate sind um und mir geht es besser. Der Arzt bestätige auch, dass alles gut aussieht.  Meine Schwester hat in meiner Heimat eine neue Praxis aufgemacht und ich besuchte sie. Aus Spaß machten wir einen Ultraschall. Und dann konnte ich in ihren Augen sehen, dass etwas nicht stimmte. Sie drückte auf meinem Bauch rum, wollte Kindsbewegungen sehen. Mittlerweile mit 3 Schwangerschaften bis dato konnte ich den Ultraschall auch ein wenig deuten und beschloss ins Krankenhaus zu fahren. Wir sahen keinen Herzschlag mehr. Ja, ich hatte wieder eine Fehlgeburt, in der 14. SSW. Es war doch noch vor ein paar Tagen alles in Ordnung. Was war passiert? Wieso habe ich nichts bemerkt? Ich konnte mein Kind nicht retten, es ist einfach in meinem Bauch gestorben und ich habe nichts bemerkt. Es folgte eine erste Ausschabung und 10 Tage später eine zweite Ausschabung. Dieses Gefühl, dass während ich in Narkose bin, jemand mein Kind aus mir rausholt, ich es noch nicht einmal sehen kann und dann in den Mülleimer kam, zerriss mich. Nach dem Aufwachen fühlte ich mich leer, wie eine schlechte Mutter (durch die Geburt meines ersten Kindes 2015 kannte ich bereits Muttergefühle) und komischerweise weniger weiblich.

Die letzten 3 Monate atmete ich wieder auf, ging zum Sport, war glücklich über die Energie, die wiederkam und war einfach positiv gestimmt. Ich dachte ich hätte die Fehlgeburt gut verarbeitet. Sie wird immer ein Teil von mir sein und es ist okay so.

Jetzt, wo ich wieder schwanger bin, hat sich Angst breit gemacht. Ich nehme Aspirin zur Blutverdünnung und ein Gelbkörperhormon, was dem Kind die Einnistung leichter macht. All das hatte ich bei meiner ersten Schwangerschaft nicht. Schlaflosigkeit, Erschöpfung und Übelkeit machen sich breit. Diese Scheiß-Angst, die kann man niemanden erklären und man ist irgendwie alleine. Natürlich fühlt mein Mann mit und es beschäftigt ihn genauso wie mich, aber verständlicherweise anders. Ich trage das Kind in mir und ich trage in erster Linie die Verantwortung.

 Normalerweise würde ich sofort meine Familie und engsten Freunde über die Schwangerschaft informieren, so wie bei den letzten Malen. Aber diesmal ist es anders. Ich kann die Freude nicht ertragen. Sie ist nämlich noch gedämpft und ich denke nur die nächsten 3 Monate weiter.  Wird dieser kleine Krümel in mir bleiben? Wird er sich für ein Leben mit uns entscheiden? Ich weiß es nicht, ich kann nur hoffen. Gestern fragte mich meine Tochter wieder, ob ich ein Baby im Bauch hätte. Sie fragte mich das seit der letzten Schwangerschaft immer mal wieder. Wir hatten sie damals natürlich informiert, weil wir über die kritischen 3 Monate hinweg waren. Seit der letzten Fehlgeburt verneinte ich ihre Frage und gestern habe ich ihr keine Antwort gegeben. Die werde ich ihr in ca. 3 Monaten geben.

Vor Weihnachten saß ich mit meinen Mädels zusammen und wir sprachen darüber, wie das Jahr für jeden war. Meine Freundin sagte, von einer Skala von 1-10 (1 schlecht, 10 sehr gut) würde sie mir eine 5-6 geben. In 2017 war viel passiert: Umzug in unser Eigenheim, 2 Fehlgeburten, Umzug ins Ausland, Vermietung des Hauses usw. Ich verneinte ihre Skala und sagte: „Ne, ich würde mich sogar eine 8-9 geben, weil ich um ein paar Erfahrungen reicher geworden bin“. Für mich sind schlechte Erfahrungen auch wichtig, denn sie holen mich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück und was noch wichtiger ist: sie geben mir Stärke. Hoffentlich hilft mir diese Stärke auch in dieser Situation.

 

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2 Kommentare

Laurelynn 13. Januar 2021 - 17:07

Schaue ich noch heute in meine Kalenderaufzeichnungen aus dieser Zeit, stehen dort hauptsachlich weitere solcher Zahlen. Alles dreht sich um Korpergewicht (zum ersten Kilo gab es einen Luftballon an den Inkubator; was fur ein Meilenstein), Korpergro?e, Nahrungsmengen, die uber die Sonde gegeben wurden und gerade mal im einstelligen Milliliter-Bereich liegen, und ganz viele erste Male. Nicht nur das erste Kilo war ein gro?er Erfolg, sondern auch das erste Mal zu kuscheln (zu kanguruhen) anstatt nur ihre Hand zu halten oder die Hand auf ihren Korper zu legen; sie das erste Mal horen zu konnen, denn das war durch die Beatmungsmaschine in der ersten Zeit uberhaupt nicht moglich.

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Lisa 2. März 2018 - 23:03

Liebe Gastautorin

Ich kann sehr gut nach fühlen, wie du dich fühlst und wie wenig Freude du im Moment empfindest. Wir haben unser Baby Anfang Januar in der 12. Woche verloren. Es war ein Missed Abort in der 8. Woche, kurz nachdem wir die SSW-Bestätigung von meiner Ärztin erhalten und uns emotional voll eingelassen haben. In dem Moment als die Vorfreude richtig eingesetzt hat, war das Abenteuer bereits vorbei. Im Moment haben wir noch mit Komplikationen zu kämpfen. Wenn das alles überstanden ist, wollen wir es aber sicher nochmals probieren. Ich habe aber eine Scheissangst vor erneuten Problemen. Im Moment bin ich überhaupt nicht bereit für Runde 2

Dir und deinem Kleinen alles Gute!!

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