âEngel, guck mal kurz – ist das ein Strich oder ist das Ding vielleicht kaputt?â, sage ich zu meinem Mann, der gerade im BĂŒro Papierkram erledigt. Es ist der 1.1.2017, Lias schlĂ€ft schon. Ich hatte zuvor auf so nen billigen Schwangerschaftstest gepinkelt, von dem ich zwei StĂŒck beim Ausmisten fĂŒr den Umzug in zwei Wochen gefunden hatte. Ich hatte zwischen dem Pinkeln und Nachschauen noch Teewasser aufgesetzt, die SpĂŒlmaschine angeschmissen und ein paar Whatsapp-Nachrichten beantwortet. ZurĂŒck im Bad sah ich diesen kaum sichtbaren zweiten Streifen, ĂŒberlegte kurz und ging dann schnurstracks zu meinem Mann, der nichts von der Aktion wusste. Er schaut auf das Display, dann in mein Gesicht. Er sagt:
âEin Strich ist ein Strich.â
Und wir lachen uns an.
Doch schnell kam in mir die alte Skeptikerin hoch. Es war unmöglich, dass ich tatsĂ€chlich schon schwanger sein konnte. So viel GlĂŒck wie damals bei Lias, bei meiner Vorgeschichte, konnten wir nicht nochmals haben. Ich sagte also âlass uns abwartenâ und âwir dĂŒrfen uns nicht zu frĂŒh freuenâ und âich muss googlenâ und das tat ich dann auch. UngefĂ€hr eine Stunde lang. âZweiter Strich hellrosaâ und âkann ein Schwangerschaftstest kaputt seinâ und so ein Zeug. Und immer wieder fand ich in den vielen Foren einen Satz, mit dem mir mein weiser Mann schon Mut gemacht hatte: âEin Strich ist ein Strich.â
Ich machte 2 Tage spÀter den zweiten Test. Blasser Strich Nummer 2. Ich fuhr einige Tage spÀter in die Drogerie und holte einen digitalen Test, ich konnte keine Striche mehr sehen. Wir machten ihn zusammen und starrten auf das Display. Bis dort stand:
Pregnant 1-2
Ich habe tatsÀchlich einen Strich in mir. Hellrosa oder nicht, er ist da. Ich bin schwanger. Seit 1-2 Wochen.
WUNDER-voll
Ein Wunder, das geplant war. Dennoch ĂŒberraschte. Wie viele von euch wissen, kann ich auf natĂŒrlichem Wege keine Kinder bekommen, da mein Körper nicht (mehr) darauf programmiert ist. Ich produziere kein Ăstrogen, habe keine Follikel-Produktion und meine Schleimhaut baut sich nicht auf, sodass nicht nur die Menstruation ausbleibt, sondern auch kein NĂ€hrboden fĂŒr eine Befruchtung gegeben ist – darĂŒber habe ich schon geschrieben. Zudem habe ich eine SchilddrĂŒsen-Unterfunktion. Und ich habe auch darĂŒber geschrieben, dass wir nun einen erneuten Kinderwunsch haben und was ich tue, damit er in ErfĂŒllung geht (hier könnt ihr den Beitrag lesen).
Ich habe sehr viel dafĂŒr getan. In erster Linie habe ich mit der Hormontherapie begonnen, die mir schon Lias geschenkt hatte. Ich wusste, dass sie wieder hart werden wĂŒrde. Diese Pillen hauen mich um, manchmal so sehr, dass ich nicht mehr ich selbst bin – traurig, depressiv, lustlos, dauerhaft mĂŒde, negativ. Ich hasste mich. Mein Mann auch, auch, wenn erâs nie zugab. Aber wir wussten, dass diese Hormone unsere Chancen auf Kinder waren. Also zogen wirâs durch – gemeinsam.
Aber nur 3 Monate. Schon bei Lias hatte ich gesagt, dass ich nach 3 Monaten raus bin, da ich diesen physischen sowie psychischen Zustand dauerhaft nicht ertrage. Abgesehen davon ist es eh nicht ratsam, diese Ăstrogen-Schleudern ĂŒber einen lĂ€ngeren Zeitraum zu schlucken. Also beendete ich bei beiden Kindern die Therapie nach 3 Monaten und konzentrierte mich von da an ganz natĂŒrlich auf mich, meinen Körper, meinen Geist, mein Wohlergehen. Auf Genuss, Liebe, Lust, Freude.
Ende August nahm ich die letzte Pille und schrieb eine Liste fĂŒr Dezember. Sie sah ungefĂ€hr so aus:
Essen – so viel und was ich möchte! (schlieĂlich musste ich ĂŒber die vergangenen Monate auch wieder zunehmen, damit mein Körperfettanteil stieg)
Meditation – jeden Abend!
Sport wie immer – aber nicht ĂŒbertreiben!
Weniger arbeiten – und auch mal NEIN sagen!
Weihnachten bei meinen Schwiegereltern – kein Stress fĂŒr mich!
Viel Zeit mit meinen beiden MĂ€nnern – mit freiem Kopf und ohne Angst, etwas (im Job) zu verpassen!
Auch einfach mal ruhen und dafĂŒr das Sofa und die Wanne nutzen – FĂŒĂe hochlegen / Abtauchen nicht vergessen!
Positiv denken – egal wie stressig und nervig die Umzugsvorbereitungen von Schottland nach Deutschland sind
Freunde treffen und schöne Dinge machen – nicht zurĂŒck zur Arbeit hetzen!
Schon einige Tage nach Beendigung der Therapie und nach Start meines neuen âIch-Programmsâ ging es mir viel, viel besser. Mein Körper fĂŒhlte sich wieder gesund an, ich hatte meinen Geist wieder in meinem Besitz, ich empfand wieder Freude, Leichtigkeit und Genuss. Und alles war irgendwie ⊠entspannter. Ein toller Monat.
Der Monat, in dem unser zweites Kind gezeugt wurde und sein neues Zuhause offenbar so gern mochte, dass es nicht wieder auszog. Ich hatte, wie beim Lias, so groĂe Angst vor einer Fehlgeburt. Ich hatte nicht lange zuvor eine erlebt und wollte diesen Schmerz des Verlustes und der EnttĂ€uschung nicht nochmal erleben. Lange Zeit wussten wir nicht, ob das Baby ok war, da in Schottland keine frauenĂ€rztliche Untersuchung möglich war. Zum einen, weil schwangere Frauen dort nicht von Ărzten, sondern Hebammen betreut werden, zum anderen, weil das ErstgesprĂ€ch mit der Hebamme immer erst in der 8. Woche stattfindet.
Und da waren wir schon seit einigen Tagen in Essen. Ich hatte mir zuvor eine FrauenĂ€rztin online herausgesucht und mit ihr einen Termin vereinbart. Mein Mann war erstmals dabei, als die Ărztin in mich hineinschaute, er hatte die Vorsorge bei Lias nĂ€mlich komplett verpasst. Er arbeitete und ich flog fĂŒr die meisten Untersuchungen nach DĂŒsseldorf. Nun durften wir zusammen erleben, wie das Herzchen unseres zweiten Wunders schlug. Und es war ĂŒberwĂ€ltigend, so, wie beim ersten Mal.
Ja, dem Baby geht es gut. Uns geht es gut. Verdammt gut.
Grow wonderful things! – Karte von Hallo Bliss
Beim Erstsemester-Screening in 12+0 Woche war unser Baby knapp 5 cm groĂ, hatte Arme und Beine und ein schlagendes Herz. Und das Wichtigste: Seine Nackenfalte war unauffĂ€llig, was damals bei Lias nicht der Fall war. Lias wurde damals als âHigh Riskâ bzgl. Down Syndrom eingestuft und wir lieĂen einen DNA-Test machen, um herauszufinden, ob bei Lias eine Trisomie vorlag.
Was Lias und sein Geschwisterkind also bislang gemeinsam haben, ist nicht nur die VollstĂ€ndigkeit eines menschlichen Körpers, sondern ihre Entstehungsgeschichte. Beiden ging die gleiche dreimonatige Hormontherapie voraus und das zur gleichen Zeit (September – November), beide wurden zum ungefĂ€hr gleichen Zeitpunkt im Dezember gezeugt, bei beiden hatte ich mich auf mich und meine Gesundheit konzentriert und meinen Lebensstil dem Kinderwunsch angepasst, aber so, dass ich trotzdem nicht verbissen an das Projekt heranging, sondern einen freien Kopf behielt, bei beiden war sehr viel Liebe und Zuversicht im Spiel und auch sehr viel leckeres Essen. Eine vollstĂ€ndige Balance von Geist und Körper, Arbeit und Freizeit, Mann und Lias.
Und nun möchte ich einige Fragen beantworten, die mir seit dem Outing vor einigen Tagen geschickt wurden:
War es geplant?
Na aber so was von!
Wann ist der ET?
Errechnet ist der 11. September 2017. Lias war am 6. September 2015 errechnet, kam aber schon am 28. August 2015 durch einen Not-Kaiserschnitt nach dem sehr langen Versuch, ihn auf natĂŒrlichem Weg zu gebĂ€hren (den Geburtsbericht gibtâs hier). Vermutlich wird auch dieses Baby ein Augustbaby, da es höchstwahrscheinlich wieder ein Kaiserschnitt werden wird. Ob und wieso werde ich an anderer Stelle und zu einem spĂ€teren Zeitpunkt erlĂ€utern.
Wird es ein MĂ€dchen oder ein Junge?
Das wissen wir noch nicht, bisher hatte sich das Baby ungĂŒnstig gezeigt. Ich tippe auf einen Jungen, mein Mann auf ein MĂ€dchen. Was glaubt ihr?
Musstest du kotzen?
Nein, ich habe weder bei Lias noch bei dem jetzigen Baby unter der SchwangerschaftsĂŒbelkeit gelitten. Vor ca. 3 Wochen war mir mal einen ganzen Tag lang furchtbar ĂŒbel, aber ich denke, es war die Thunfisch-Pizza vom Vortag…
Wie fĂŒhlst du dich?
Ich fĂŒhle mich gut, hatte und habe aktuell nur ein ziemlich starkes Unterleibziehen, sehr schlechte Haut, einen furchtbaren Hunger / Appetit und eine unendliche MĂŒdigkeit, die mich extrem einschrĂ€nkt(e). Mittlerweile gehtâs aber recht gut, bin nur ab 19h reif fĂŒr die Tonne. Mein Mann wĂŒrde eventuell noch ergĂ€nzen, dass ich etwas zickig bin, aber der hat einfach keine Ahnung⊠đ
Hast du jetzt einen gröĂeren Bauch als vorher?
Oh ja! Schon in der 6. Woche war es schwierig, die kleine Kugel zu verstecken, weswegen ich es ab der 8. Woche schon denen sagte, die ich traf und die meinen Bauch sahen. Freunden, Klienten… Ich war ja schon bei Lias gigantisch, aber ich befĂŒrchte, dieser Babybauch wird alle Rekorde sprengen…
10 Tage nach dem ersten positiven Schwangerschaftstest. Kaum zu glauben, dass das erst Woche 6 war!
Machst du Sport?
Ja, ich habe durchgehend Sport gemacht, nur um den Umzug herum (Mitte Januar) hatte ich eine zweiwöchige Pause. Wie ich mein Training gestalte, werde ich natĂŒrlich noch mit euch teilen! Hab da einige tolle Ideen und Projekte am Start!
Wie ernÀhrst du dich?
Ich gebe zu: Das ist eine kleine Baustelle, die etwas aus dem Ruder lĂ€uft. Dieser BĂ€renhunger und Appetit auf mit KĂ€se Ăberbackenes (von Pizza ĂŒber AuflĂ€ufe bis hin zu Cheeseburgern), GewĂŒrzgurken (tĂ€glich 1 Glas, wie bei Lias damals), Sauerkraft, Rotkohl, KnĂ€ckebrot mit Avocado, Tomate und FrischkĂ€se sowie Eiscreme ist so mĂ€chtig, dass selbst mein gesundheitsbewusstes Ich aufgibt. NatĂŒrlich achte ich dennoch auf einen guten Ausgleich und nehme viel Obst, GemĂŒse, gesunde Milchprodukte wie Quark sowie Ballaststoffe wie Haferflocken zu mir, aber dieseâŠ. NaturkrĂ€fte ⊠nun ja. Ich bin halt schwanger đ Aber auch zum Thema ErnĂ€hrung in der Schwangerschaft werden BeitrĂ€ge folgen.
Hast du schon zugenommen, wenn ja, wie viel?
Ich hatte bei Lias in der ersten SchwangerschaftshĂ€lfte das meiste Gewicht zugelegt und auch dieses Mal hatte ich nach 12 Wochen 3kg mehr auf den HĂŒften. Ich heiĂe jedes einzelne herzlich willkommen, solange mein Baby sein Zuhause mag.
Welche Hormone hast du genommen?
Ich nahm Progynova, ein Wechseljahre-Hormon, das die AktivitĂ€t der Eierstöcke, die Follikel-Bildung und den Aufbau der Schleimhaut fördern sollte. Es ist verschreibungspflichtig und speziell fĂŒr Frauen in der Menopause oder bei den besagten körperlichen Problemen gedacht. ZusĂ€tzlich habe ich Mönchspfeffer eingenommen.
Hattest du einen Ovulationstest gemacht?
Ich hatte einige gemacht, allerdings hat mir kein einziger einen Eisprung angezeigt. Sie sind also nicht besonders verlÀsslich.
Bereitet ihr Lias auf das Geschwisterkind vor und wenn ja, wie?
Ganz hĂ€ufig nehmen wir ihn zu uns und streicheln gemeinsam meinen Bauch, wĂ€hrend wir „Baby“ sagen. Manchmal bekommt der Bauch dann KĂŒsschen, manchmal nen Schlag mitten in die Mitte. Und manchmal ruft er auch nur „Baby“, lacht und rennt weg. Wir beziehen ihn also ein, so weit wir können, aber sein VerstĂ€ndnis und Interesse sind minimal. Wer Tipps hat, wie so kleine Knirpse auf ein Geschwisterkind vorbereitet werden können, muss mir unbedingt schreiben! Spannendes Thema.
Wenn ihr noch weitere Fragen habt, dĂŒrft ihr sie mir gern stellen. Ich werde versuchen, regelmĂ€Ăig Schwangerschafts-Updates zu geben.
Und an dieser Stelle nochmal ein ganz, ganz groĂes DANKE! fĂŒr all eure GlĂŒckwĂŒnsche unter meinem Instagram-Post und in privaten Nachrichten. Es ist ein wundervolles GefĂŒhl, sein gröĂtes GlĂŒck mit so vielen netten Menschen teilen zu dĂŒrfen.
24 Kommentare
Du machst mir echt Mut!
Ich habe PCO und ebenfalls eine SchilddrĂŒsenunterfunktion. Ich hoffe, dass es bei mir in drei Jahren auch so schnell klappen wird
Alles Gute weiterhin đ
Liebste Yavi,
Wie ergreifend und schön und wenn man deinen text( nicht nur diesen!!) liest, fĂŒhlt man zu 100% mit dir und ist bei dir. Es ist ganz WUNDER-voll wie sich die Dinge doch manchmal entwickeln und fĂŒgen und wie schön, dass du das hier teilst. #happyforyou. Umarmung aus Stuttgart. â€B
Alles Gute yavi! Ich freue mich schon auf die haben updates und babybauchbilder đ
Ohhh ich freue mich so fĂŒr euch! Der Bauch steht dir so gut Alles Gute fĂŒr Euch und schreib‘ weiterhin solch schöne, authentische Texte!
Liebe GrĂŒĂe aus Wiesbaden
Ach Yavi, ich freue mich unbekannterweise so sehr fĂŒr euch! Das habt ihr verdient! Ich wĂŒnsche dir eine tolle Schwangerschaft und hoffe dass es dir immer gut geht!
Hach… wie schön!
Mein Ehefreund denkt auch, dass wir ein MĂ€dchen bekommen – ich denke ein Junge. Was sind wir gespannt!
Alles Liebe fĂŒr euch!
Herzlichen GlĂŒckwunsch . Ich freue mich fĂŒr euch!
Ein wunder Yavi. Ich Fieber jetzt schon mit. *Ahh wie aufregend* ich freue mich auf weitere spannende Blog posts.
Pass auf dich/euch auf. Einen schönen ruhigen Sonntagabend wĂŒnsche ich dir.
Liebe GrĂŒĂe von Anna aus Berlin
Du schreibst so toll und herzergreifend. FĂŒr Dich und Deine Familie nur das Beste.
Oh liebes Ich freue mich so wahnsinnig fĂŒr euch drei Du hast mein vollsten Respekt, denn ich bin noch nicht bereit fĂŒr ein zweites Wunder! Ich habe immer gesagt, wenn Leon 2 wird, fangen wir wieder an zu ĂŒben. Jetzt ist er 1 1/2 und ich fĂŒhle mich ĂŒberhaupt nicht bereit fĂŒr ein zweites! Ich wĂŒnsche dir ganz viel GlĂŒck und geniest die erneute kugelzeit! KĂŒsschen