(Instagram-) Kooperationen: Was bist du dir wert?

von mama moves

Stellt euch mal vor, jemand kommt mit einem Jobangebot auf euch zu, das in etwa so klingt: Hallo, wir suchen jemanden, der für uns arbeitet. Du hast die Ehre, wöchentlich mehrere Stunden in diese Arbeit zu investieren und uns dein Produkt zur Verfügung zu stellen. Du wirst zwar nicht bezahlt, aber du kannst froh sein, dass wir dich überhaupt wahrgenommen haben – und hey, wenn du gut bist, gibt’s als Goodie etwas Applaus. Und wenn du dich nicht total blöd darstellst vielleicht den einen oder anderen Fan. Aber du verstehst sicherlich, dass wir das uns zu Verfügung stehende Geld lieber dort hineinstecken, wo man danach fragt. So, wann fängst du an?

Na, unterschreibst du? Sicherlich nicht. Doch in der schonungslosen Instagram-Welt sieht das schon ganz anders aus. Denn da würde das Job-Inserat, das in dieser Long Version ja wirklich alles andere als attraktiv erscheint, auf den Kernpunkt heruntergebrochen in etwa so lauten: Na, Bock auf Reichweite und ein paar Likes? Und alle dann so: JA! ICH! HIER!

Doch sprechen wir heute nicht über die Moral der reichweitengeilen Instagrammer, denen kein Mittel zur Schade ist, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Das wird aktuell ja in der Community zu Genüge ausgeschlachtet, jeder kennt und verurteilt jemanden, der sich Follower kauft oder sich diese durch Shoutouts oder Gewinnspiele an Land zieht. Und eigentlich will’s keiner mehr lesen. Es nervt. Sprechen wir heute über die andere Seite – die, die auf reichweitengeile Instagrammer geil ist und ihre Verzweiflung, ihren Ehrgeiz und Wettbewerbsgeist zur ihren Nutzen auschlachtet.

Mit Instagram Geld verdienen

Seien wir mal ehrlich – wer würde nicht gern mit Instagram Geld verdienen? So ein Job klingt schließlich allemal glamouröser, als an der Wursttheke zu stehen oder meinetwegen im Vorzimmer des Chefs zu tippen. Deshalb herrscht bei Instagram ein ständiger Wettkampf um Kooperationen, Sponsoring, Geschenke. Und das ist auch völlig in Ordnung, auf dem normalen Arbeitsmarkt ist das auch nicht anders. Und es ist auch völlig in Ordnung, dass Instagrammer groß, berühmt und reich werden wollen, denn schließlich ist es doch auch in Ordnung, wenn sich jemand für eine Gesangs- oder Modelkarriere im Reallife entscheidet und das große Geld machen will, oder?

Der Unterschied jedoch ist, dass Models und Sänger bezahlt werden, weil Dienstleistung ganz einfach zu bezahlen sind. Instagrammer jedoch gibt es wie Sand am Meer, individuell ist da schon kaum jemand mehr, und das macht sie zum letzten Glied der Nahrungskette, zu denen, die Unternehmen mit Vorliebe ansprechen und ihnen eigentlich lächerliche Deals schmackhaft machen. Und diese Glieder möchte ich heute addressieren und ihnen deutlich machen, welche Möglichkeiten und Rechte sie in Bezug auf (bezahlte) Kooperationen haben.

Kommen wir zu diesem besagten Jobangebot zurück. Anlass dieses Beitrags ist eine Mail, die mich vor einigen Tagen erreichte und die ich dieser Form schon mehrmals von anderen Sendern bekam. Ein Frauenmagazin bietet mir (und wie ich mittlerweile weiß, auch vielen anderen #instamoms) eine wöchentliche Kolumne auf ihrer Internetpräsenz. Es wird am Rande erwähnt, dass die Texte nicht bezahlt werden, woraufhin eine lange stichpunktartige Liste mit den vermeintlichen Vorteilen dieser Kooperation folgt: Mehr Reichweite, Erwähnung des Namens, Verlinkungen. Wer sich nicht auskennt, lässt sich schnell blenden, und mag das Angebot annehmen. Kein Problem – wer gern unbezahlt arbeitet und sich einfach nur über eine Plattform für seine Geschichten freut, darf zuschlagen und kann an diesem Punkt aufhören zu lesen. Wer aber die Systematik hinterfragt und versteht, dass es sich hier um Abzocke handelt, sollte ablehnen. Und weiterlesen.

Denn Medien wie diese haben nicht viel Geld, das stimmt, aber sie haben ihre Autoren mit dem, das sie haben, zu bezahlen. Und das tun sie in der Regel auch. Wie viele wissen, habe ich selber sehr viele Jahre in dieser Branche gearbeitet, nicht nur als Chefredakteurin eines Modemagazins sondern auch als freie Journalistin für die „ganz Großen“. Und ich weiß, dass es Engpässe gibt, dass redaktionsintern über Gehälter und Honorare diskutiert und mit den Autoren verhandelt wird – aber am Ende wird immer bezahlt. Punkt.

Schlechte Bezahlungen sind in dieser Branche leider üblich, dass ein Autor aber nicht bezahlt wird, ist ausgeschlossen. Texte sind ein sehr komplexes Erzeugnis, das zwar nicht aus harter körperlicher, jedoch aus geistiger und somit sehr (zeit-)intensiver Arbeit entsteht. Und wer für eine andere Quelle schreibt, leistet einen großen Beitrag zum wirtschaftlichen und medialen Erfolg des Abnehmers. Und bleibt selbst auf der Strecke. Wer also sich, seine Arbeit und sein Gedankengut wertschätzt, sollte seine Texte nicht kostenlos herausgeben und ein sehr, sehr ernstes Gespräch mit dem potenziellen „Arbeitgeber“ suchen. (Gastbeiträge bei anderen Blogs sind hier natürlich nicht gemeint)

Das gleiche gilt für Produktplatzierungen bei Instagram. Natürlich ist es toll, Geschenke zu bekommen und man fühlt sich schnell gesegnet, geehrt und groß, bemerkt dabei jedoch nicht, dass die Unternehmen heinlich triumphieren. Denn mal eben 100 Flaschen (willkürliches Beispiel) an 100 Instagrammer herauszuschicken, kostet das Unternehmen ’n Appel und ’n Ei. Im Gegenzug 100 Posts mit Verlinkungen und Produktbildern dokumentieren zu können, ist ein absoluter Gewinn. Für’s Image und am Ende auch für die Kasse. Win-Win? Sehe ich hier nicht. Und das Schlimmste dabei ist, dass den Instagrammern das Gefühl gegeben wird, dass SIE das große Los gezogen hätten, dabei sind sie oft leider zu unerfahren, um zu verstehen, dass sie soeben für kostenlose Werbung machen und selbst kaum etwas davon haben.

Zu klein für bezahlte Kooperationen?

Nun ist es ja so, dass viele Instagram-Account noch recht klein sind, und deshalb verunsichert, wenn es um Kooperationen geht. Sie freuen sich über jedes bunte Shirt, das ihnen kostenlos nach Hause geschickt wird und sie würden sich ohnehin nicht trauen, nach einem Honorar zu fragen. Das ist auch oft richtig. Erfahrungsgemäß ist es so, dass mit steigenden Follower- und Kommentarzahlen auch das Kooperationsaufgebot steigt – und somit die wirtschaftliche Kurve. In der Anfangszeit und mit den ersten wenigen Tausend Followern bleibt uns meist nichts anderes übrig, als einen Post gegen ein Produkt zu tauschen. Und selbst mit 50.000 Followern ist dieser Tausch oft gerechtfertig, wenn das Produkt von besonders hohem Wert ist und im Übergang in den Privatbesitz ein materielles Honorar darstellt. Dennoch empfehle ich, ab einem gewissen Punkt die Kooperationsfragen mit der diskreten Gegenfrage nach Vergütung zu erwidern. Um zum einen seinen Wert symbolisch zu kennzeichnen und sich Respekt zu verschaffen, und zum anderen, um Geld zu verdienen – das, das uns als Entschädigung für Zeit und Mühe nunmal zusteht.

Ich werde oft gefragt, wo die numerische Grenze liegt, ab der nach Geld gefragt werden kann. Doch das ist leider nicht pauschal zu beantworten. Viele sprechen von 5k, andere von 10k oder gar 20k Followern bei Instagram. Ich bin ganz ehrlich zu euch und veranschauliche das an meinem eigenen Account. Mit 5k hatte ich einige kleine Kooperationen mit kostenlosen Produktplatzierungen, ab ca. 8k wurden mir große Produkte im höheren Wert gegen Posts angeboten und einige habe ich angenommen, ohne dafür bezahlt zu werden, ab 10k wählte ich meine Kooperationspartner sehr bedacht aus und weil ich zeitgleich diesen Blog gestartet habe, begann ich, für Posts auch Rechnungen zu stellen. Zum einen, weil ich Mutter bin und sehr wenig kinderlose Zeit habe, und wenn ich diese schon in den Blog, in Snapchat oder in Instagram investiere, dann dafür entschädigt werden möchte – wie alle anderen Dienstleister auf dem Arbeitsmarkt auch.  Und zum anderen, weil meine Texte und Bilder mein geistiges Gut und wertvoll sind, nicht, weil ich studierte Germanistik und Journalistin mit Berufserfahrung bin, sondern weil Texte Unikate und damit wertvoll sind, egal, von wem sie stammen.

Und ja, dafür verzichte ich gern auf ein paar kostenlose Produkte und Follower.

Wenn solche Angebote hereinflattern, wie dieses des Frauenmagazins, sollten besonders wir Mütter aufhorchen und das Angebot hinterfragen. Denn jeder geschriebene Text ist verlorene Familienzeit, und da Texte oft nicht eben hinuntergeschrieben sind und viel Zeit beeinspruchen, sollten wir den Input-Outcome gut analysieren. Ich habe für mich beschlossen, dass kostenlose Instagram-Produktplatzierungen für mich nicht komplett ausgeschlossen sind und ganz stark von Vorteilen und Nutzen abhängen und auch davon, ob ich ein junges Startup auch unvergütet unterstützen möchte, dass ich jedoch zeitintensivere Projekte ganz klar vergüten werde. Nicht zuletzt, weil jeder von mir über das Bloggen verdiente Cent auf Lias’ Konto geht.

Weniger ist mehr

Kooperationsangebote wie dieses des Frauenmagazins sind eine Frechheit, und dennoch kann man sie nicht verteufeln, denn hier greift das Prinzip Angebot-Nachfrage. Es gibt leider genügend ehrgeizige Instagrammer, die breit sind, für etwas mehr Reichweite sehr viel mehr zu investieren. Dass es also diese Angebote für unbezahlte Arbeit gibt, ist letztlich unsere eigene Schuld – wir haben es zugelassen und lassen es laufend zu. Es ist ok, denn am Ende kommt ja keiner ernsthaft zu Schaden. Ich möchte nur empfehlen, beim nächsten Angebot zu bedenken, dass auch jeder von uns das recht hat, einen Preis für seine Arbeit zu verlangen – und im Zweifel das Angebot abzulehnen. Denn das wertvollste Gut, das wir besitzen, ist unsere Zeit.

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11 Kommentare

Oli 21. Januar 2018 - 15:36

Sehe ich genauso. Dazukommt, dass diese Angebote mit der Reichweite oft ohnehin auf einer Irreführung beruhen. Da reden sie von 5 Millionen Lesern und dann stellt sich heraus, dass die Texte auf eine Subdomain kommen sollen, die vielleicht 5000 Leser hat.

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